Wer mit Scheinunternehmen Geschäfte abschließt, haftet für nicht bezahlte Arbeitsentgelte. Das sieht das neue Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz vor.
Das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz SBBG verschärft ab 2016 die Maßnahmen zur Bekämpfung von Sozialbetrug. Das Finanzministerium (BMF) hat dabei besonders Scheinunternehmen im Visier und veröffentlicht diese auf der BMF-Homepage. Achtung: Wer mit Scheinunternehmen Geschäfte abschließt haftet.
Sozialbetrug
Sozialbetrug sind alle strafrechtlich verbotenen Handlungen im Zusammenhang mit Dienstnehmern, Dienstgebern, Selbstständigen und Beziehern von Sozialleistungen. Das sind insbesondere das Vorenthalten von Beiträgen zur Sozialversicherung, betrügerisches Anmelden von Mitarbeitern, Schwarzarbeit und der vorsätzliche unrechtmäßige Genuss von Sozialleistungen.
Scheinunternehmen
Unternehmen, die vorrangig Sozialbetrug begehen, sind Scheinunternehmen. Anhaltspunkte für einen Verdacht sind insbesondere:
- Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse der Krankenkasse,
- Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätigen Personen,
- Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zum Unternehmer oder dessen Vertreter,
- Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel,
- Keine angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen,
- Nicht bloß geringe Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen.
Besteht ein Verdacht, so fordert das Finanzamt auf, binnen einer Woche persönlich vorzusprechen. Wird nicht widersprochen, so wird das Unternehmen mit Bescheid zum Scheinunternehmen erklärt. Das Finanzamt informiert Firmenbuch, Gewerbebehörde und Auftragnehmerkataster und trägt das Unternehmen in die öffentliche Liste der Scheinunternehmer ein.
Vertragspartner haften
Ab der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens haftet der Auftraggeber, wenn er zum Zeitpunkt der Auftragserteilung wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftrag nehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen handelt, für die Entgelte der Arbeitnehmer.
Der kritische Moment ist die Auftragserteilung. Wenn der Auftraggeber zu diesem Zeitpunkt aufgrund von grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass der Auftragnehmer eine Scheinfirma ist, haftet er. Akribische Nachforschung ist aber nicht notwendig. Verdächtige Indizien:
- keine üblichen Kontaktdaten
- keine Korrespondenz oder keine bzw. falsche UID- oder Firmenbuchnummer
- kein professionelles Auftreten, keine Homepage
- Besprechungen nie im Büro des Auftragnehmers
Was hier genau unter grober Fahrlässigkeit zu verstehen ist, werden die Gerichte in den nächsten Jahren feststellen. Fix ist, wenn der Auftraggeber bereits auf der BMF-Scheinunternehmer-Liste steht, darf man keinesfalls beauftragen.
Keine Versicherung für Dienstnehmer
Scheinunternehmen können keine Dienstnehmer anmelden. Für bestehende Dienstnehmer erlischt die Pflichtversicherung, wenn sie nach Aufforderung nicht persönlich bei der Krankenkasse vorsprechen oder ihre Arbeitsleistung nicht glaubhaft machen können. Weist der Dienstnehmer die Arbeitsleistung nach, so gilt im Haftungsfall der Auftraggeber als Dienstgeber.
Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG
Finanzministerium: Liste der Scheinunternehmer (derzeit noch kein Eintrag)